2018 - 2011 ︎Johanna Tinzl & Stefan Flunger
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 La valla es europea. Der Zaun ist europäisch.
︎ HD-Video︎ 13min 47sec




Johanna Tinzl & Stefan Flunger

La valla es europea. 
Der Zaun ist europäisch.


HD-Video, 2011-2018

13 min 47 sec
 

Mit ihrer Werkserie bewegen sich Johanna Tinzl und Stefan Flunger wörtlich wie im übertragenen Sinn entlang der Außengrenzen der Europäischen Union. Dort, wo meterhohe Zäune, Barrikaden und militärische Patrouillen verhindern sollen, dass ZuwanderInnen aus nicht-europäischen Staaten die topografischen und/oder politischen Grenzen Europas überschreiten und von der einen auf die andere Seite flüchten, extrahieren die KünstlerInnen strukturelle Ähnlichkeiten zwischen den von ihnen besuchten Orten und präsentieren sie als visuelle Essenzen ihrer Reisen im Ausstellungsraum.

Das Thema »Übersetzung« fassen sie dabei nicht nur sprachlich, sondern vor allem als räumliches und formal-ästhetisches Prinzip, um vielschichtige Situationstransfers zu erzeugen. Das Moment des Übertragens und Interpretierens, das bei der Übersetzung maßgeblich ist, wird etwa im Video »La valla es europeo. Der Zaun ist europäisch.« evident. Während einer Taxifahrt entlang des Zauns zwischen Marokko und der spanischen Exklave Melilla lassen Tinzl und Flunger den von ihnen engagierten Taxifahrer in einfachen Worten die Komplexität und Brisanz der politischen Situation in Nordafrika erklären. Damit auch die nicht-spanischsprachigen Fahrgäste verstehen, was er zu sagen hat, kommentiert der Chauffeur auf eindringliche Weise die meterhohen, in drei Reihen arrangierten und mit Natodraht bestückten Wälle während der gesamten Fahrt. 
Die BetrachterInnen des Videos bekommen aber nicht die Sprache des Mannes aus Melilla zu hören, sondern die deutsche Transkription, die von einem hiesigen Taxifahrer eingesprochen wurde. Mit »La valla es europeo. Der Zaun ist europäisch.« brechen Johanna Tinzl und Stefan Flunger mit rein dokumentarischen Strategien im Kunstraum, indem sie bewusst keine Geschichten von aktuell betroffenen ImmigrantInnen dokumentieren, um diese für ihre Kunst zu verdinglichen. Die Sprache des Taxifahrers aus der spanischen Exklave wird dazu benutzt, eine Verbindung zwischen den Lebensrealitäten an den Europäischen Außengrenzen und jenen in Mitteleuropa herzustellen. 

Zeigen die KünstlerInnen dieses Video an einem anderen Ort, so wird der Text des Mannes aus Melilla auch in die jeweilige Landessprache übersetzt und von einem ortsansässigen Taxifahrer nachgesprochen.


Text: Franz Thalmair, 2012